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2016_Zither-Mag_1

Klangrede wird der Einschnitt zunächst überdeckt; das Weitergehen unter er- schwerten Bedingungen führt zu neuen Rissen; nur mühsam führt der Weg zum Ziel, das wir bereits zu kennen glauben; es ist der Anfang, wir sind im Kreis ge- laufen.“ (Schwenk im Booklet zur CD: Georg Glasl, Landschaften, 1999). Das oft vertraut, zuweilen romantisch anmu- tende Ausgangsmaterial verändert sich im Laufe des Stückes in der Wahrneh- mung des Hörers, führt ins Innere, regt die Assoziationskraft tiefer liegender Be- wusstseinsebenen an. War in Landscape eine unberührte Landschaft der Anlass zu schreiben, so fasziniert ihn im Duo somber city für Diskant- und Altzither (2008) braches Industriegelände, das er als moderne Kulturlandschaft – abstoßend und men- schenfeindlich – beschreibt. Schwenk reizt die Wandlungsfähigkeit der Zither, er nützt alle Klangmöglichkeiten in der Konsequenz radikal aus. Die zunächst vertraut anmutenden Anknüpfungs- punkte alpenländischer Provenienz, die in Hofanger. Quartett für Diskantzither, diatonische Harmonika, Gitarre und Basszither, 1996 noch deutlich aufschei- nen, werden durch die Zerdehnung des Materials entfremdet und neu geordnet. Das mikroskopische Sezieren von Klang- bildern führt Diskant- und Basszither im Zusammenspiel mit Akkordeon und Kontrabass in den fünf Tangos seiner Deuxieme Suite Arrabalesque in die Ab- gründe der Leidenschaft. Schwenk löst sich auch durch die Instrumentierung von den üblichen Tango-Hörgewohnhei- ten. Die Beschränkung des Materials auf wenige Töne lässt sich auch an sei- nen 2010 und 2015 entstandenen Wer- ken für Zitherorchester, im fluss und im turm, studieren, zwei Stücke, die zum Assoziieren anregen. Schwenk verwendet die Zither aber nicht nur in seiner Kammermusik. In seinem Oratorium Dies septimus (2000) übernehmen drei Diskantzithern quasi Continuo-Funktion. In Pro*Epimetheus, Metamorphosen für großes Orchester (1999) nutzt er die Basszither als dunk- le, von der Ferne her kommende morbi- de Klangfarbe. Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für die konzeptionelle, prozesshafte Ausrichtung der Musik ist Dieter Schne- bels Sammelsurium für Zither (2006), das sich mit Anfängen und Alternativen beschäftigt. „Tatsächlich besteht das Werk aus verschiedenen Anfängen und Alternativen, beschäftigt sich also mit den Fragen: wie anfangen?, und wenn ja, wie dann weitermachen, so oder so oder doch anders?, wobei jeweils neue klang- liche Möglichkeiten erkundet werden. In Glasls Version für Zither geht das Instru- ment immer wieder andere Klangwege, von monotonen bis zu sprunghaften, von feinen bis zu groben, und es entsteht ein bunter Katalog seines Tönens, also eben ein ‚Sammelsurium‘ für Zither“, schreibt Schnebel in seinem Test zum Stück. Das späte Werk des 1930 geborenen Alt- meisters der deutschen Avantgarde, das sich auf sein Trio Anfänge – Alternativen für Tenorsaxophon, Gitarre und Schlag- zeug (1998) bezieht, zeigt in bestechen- der Klarheit, wie die Beschränkung auf eine einzige Frage an essentielle Grund- strukturen des Menschseins rührt, in dem er die Freiheit der Selbstentschei- dung und Verantwortlichkeit des Einzel- nen thematisiert. In der Soloversion für Zither wird diese nie abschließend zu beantwortende Frage mit Zwischentiteln wie? – auf! - so oder so - vielleicht… - ja! ja! ja! - nein-nein-oder? – und doch! – nach und nach (fantasierend) – noch- mals – ob? –(horchend) angerissen und prozesshaft in nuancierten Varianten beleuchtet. Die ersten geglückten Versuche, mit Hilfe renommierter Komponisten der Zither eine eigene Klangsprache zu verschaffen, änderten wenig an der Tat- Eine legendäre Uraufführung: Georg Haiders „Orson Welles' Schatten” sorgte für Tumulte bei Zither 4. Elvira Schlegelmilch (hinten li.), Silvia Reith-Höfer, Gertrud Wittkowsky (vorne re.) und Christiane Sommer (vorne li.) ließen sich nicht stören. INNENANSICHT |31

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