Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

2016_Zither-Mag_1

sache, dass die Zither vor 25 Jahren im allgemeinen Konzertbetrieb nicht exis- tent war, im Bewusstsein der meisten Zeitgenossen nur verbunden war mit Volksmusik und der Filmmusik des drit- ten Manns. Anschluss gesucht abseits der gängigen Klischees Daher schien es notwendig, neue Kam- mermusikstücke nicht nur singulär ein- zusetzen, sondern sie, wenn möglich, in einen übergeordneten konzeptionellen Zusammenhang zu stellen, ganze Kon- zertprogramme zu gestalten und damit die Position der Zither als originäres, unverwechselbares Instrument zu stär- ken. Entscheidend war das Moment, sich nicht gegen Klischees zu stellen, sondern sie positiv zu nutzen. Bereits das Dritte-Mann-Projekt im Fes- tival Zither 4 (2001) stellte eine Suche nach neuen ästhetischen Positionen ab- seits der gängigen Klischees dar. Damals forderte ich sechs Komponisten auf, sich zum Film Der dritte Mann und der wohl berühmtesten Filmmusik, die je für Zither geschrieben wurde, Gedanken zu machen, sich auf die Spuren von Orson Welles und Anton Karas zu begeben und eigene Positionen zu formulieren. Be- teiligt waren Helga Pogatschar, Georg Haider, Volker Nickel, Fredrik Schwenk, Rudi Spring, Alexander Strauch. Das Publikum jedenfalls, das sich in seiner Erwartungshaltung von der Zither herb enttäuscht sah, reagierte bei der Urauf- führung zum Teil verstört, es gab tu- multartige Szenen. Inzwischen sind die Werke längst etabliert, manche bereits mehrmals wieder aufgeführt oder sogar auf CD eingespielt. Auch war von Anfang an klar, dass die volksmusikalische Verwurzelung der Zither kein Hindernis darstellte, son- dern bewusst als Stärke eingesetzt wer- den konnte. Damit war es möglich, für die Zither einen Ort zu finden, der in der zeitgenössischen Musik noch nicht be- setzt war. Um den Dialog zwischen neuer Musik und Volksmusik voranzutreiben, entwickelte ich 1995 im Benediktbeurer Konzertsommer die Konzertreihe Land- schaften, in der zeitgenössische Kam- mermusikstücke neben traditioneller Volksmusik aus verschiedenen Kultur- kreisen, gespielt von Volksmusikanten, geboten wurde. Dieses erfolgreiche, vom Publikum sehr geschätzte Konzept über- nahm ich auch in die Münchner Zither- festivals, setze es aber auch bei eigenen Projekten, vor allem im Ausland, bis heute ein. Inzwischen hat es zahlreiche Nachahmer gefunden. Ein weiterer konzeptioneller Ansatz- punkt war die Vorgabe an diverse Kom- ponisten, sich in ihren neuen Kam- mermusik-Werken mit traditioneller Volksmusik zu beschäftigen. Das konnte musikalische Tradition im alpenländi- schen Kulturraum sein – zu nennen wäre hier Schwenks bereits erwähntes Stück Hofanger oder Paul Engels JoLaPo (2013) für Zither, steirische Harmonika und Harfe. Möglich waren aber interkul- turelle Dialogprojekte wie Kiesewetters Aus der Ferne, ein usbekisch-bayeri- sches Programm mit alpenländischem Saitenquintett und einem usbekischen Kammerorchester mit traditionellem In- strumentarium. Jüngstes Beispiel ist ein armenisch-bayerischer Dialog mit der Uraufführung von Arsen Babayanjans Oktett Arkanoids für Violine, Klarinette, Diskant- und Basszither, Harfe, Akkor- deon, Hackbrett und Klavier (2015). Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Aus- einandersetzung mit klassischer Lite- ratur großer Komponisten. Gemeint ist hier nicht das Bearbeiten klassischer Werken für Zither. Vielmehr geht es da- rum, zeitgenössische Komponisten zu animieren, in ihre Auseinandersetzung mit der klassischen Tradition, die Zither als innovativen Klangträger einzubezie- hen. Ein Beispiel dafür ist das „Verlorene Lächeln“, eine Hommage an Franz Schu- bert, die, vom NDR beauftragt, im Okto- ber 2015 uraufgeführt wurde. Das Pro- gramm stellt eine Rarität im klassischen Musikleben dar, denn für die Besetzung Zither mit Streichquintett existierte bislang keine Literatur. Wilfried Hiller, Bernhard Lang und Klaus Lang sind Eines der interkulturellen Projekte war der „Ugandisch-Bayerische Dialog” im Münchner Marstall-Theater. 32 | INNENANSICHT

Seitenübersicht